Sehr geehrter Herr Bürgermeister Breiter,
sehr geehrte Damen und Herren,
„Wir wohnen auf einem Wohlstandshügel, geben aber nur ungern zu in Wahrheit auf einem Schuldenberg zu sitzen“.
Dies hat der deutsche Schriftsteller Horst Rehmann bereits vor Jahren richtig erkannt.
Diese Feststellung gilt auch für unsere Gemeinde, sie ist derzeit mit bereits rund 7 Mio. Euro verschuldet, Tendenz steigend. Der vorliegende Haushalt 2015 sieht fürs laufende Jahr eine Neuverschuldung in Höhe von rund 4,5 Mio. Euro vor.
Was sind die Gründe?
Bürgermeister Breiter und Kämmerer Mayer haben bei der Einbringung des Haushalts zu Recht auf das hohe Investitionsvolumen hingewiesen.
Das historisch niedrige Zinsniveau ermöglicht uns dies umzusetzen.
Neben einer Vielzahl an kommunalen Gebäuden sind auch Gemeindehäuser in verschiedenen Ortsteilen und fünf Sporthallen zu unterhalten. Große Investitionen in Kindergärten und Tageseinrichtungen waren und sind ebenso notwendig, wie kostspielige Brandschutzauflagen in Schulen und im Bürgerhaus in Grunbach. Die Verlagerung der Bibliothek ins benachbarte Gebäude des Betreuten Wohnens war sinnvoll, verschaffte uns wertvollen Immobilienbesitz in zentraler Lage und macht das repräsentative Bürgerhaus in Grunbach frei für dringend benötigte Vereinsnutzungen. All dies war mit hohen Kosten verbunden. Dies gilt im Übrigen auch für die Modernisierung unserer Kläranlage mit Kosten von über 4 Mio. Euro.
All dies halten wir für sinnvolle Investitionen in die Zukunft unserer Gemeinde.
Im laufenden Jahr 2015 fallen hohe Kosten an für den Umbau der Hauptschule zur Realschule, für den Kindergartenausbau im Paul-Gerhardt-Haus (PGH) in Grunbach, für die weitere Entwicklung der neuen Mitte und die Erschließung des Gewerbegebietes Breitwiesen. Daneben kommen steigende Aufwendungen unserer Gemeinde von rund einer halben Million Euro für die Anschlussunterbringung ausländischer Flüchtlinge und Asylbewerber auf uns zu. Nicht zu vergessen ist auch unsere Beteiligung am Remstalwerk mit hohen Kosten für den Netzrückkauf und die Kosten unserer Beteiligung an der interkommunalen Gartenschau (IKG) 2019 im Remstal.
Ist die finanzielle Schieflage unserer Gemeinde mittel und langfristig überhaupt in den Griff zu bekommen?
Sicherlich können wir im Zusammenhang mit der Realschulverlagerung mit Landeszuschüssen rechnen und ab 2019 mit Erlösen aus Grundstücksverkäufen des alten Schulgeländes. Bereits in naher Zukunft kann auch das Gelände des ehemaligen Kindergartens in der Wilhelm-Enßle-Straße veräußert werden.
Um von seinem Schuldenberg herunterzukommen hat einst Mark Twain folgenden fragwürdigen Entschluss gefasst:
„Von jetzt an werde ich nur so viel ausgeben, wie ich einnehme, selbst wenn ich mir dafür Geld borgen muss.“
So verfahren wir derzeit leider auch !
Tatsächlich gibt es aber für die Reduzierung von Schulden nur zwei Möglichkeiten: nämlich Einsparungen durchzusetzen oder Einnahmen zu steigern.
Diesen Aufgaben wird sich die vom Gemeinderat installierte Haushaltsstrukturkommission zu stellen haben. Dabei darf es keine „heiligen Kühe“ geben, die verschont werden müssen.
Bei den Einsparmöglichkeiten haben wir uns sicherlich auch zu fragen, ob identische Einrichtungen in jedem Ortsteil vorgehalten und unterhalten werden müssen. Möglicherweise können historische Einrichtungen wie zum Beispiel unsere 7 Backhäusle in die Trägerschaft privater Fördervereine überführt oder deren Fortbestand durch privates Sponsoring gesichert werden. Eventuell könnten durch eine Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen, wie etwa mit Winterbach, in manchen Bereichen weitere Einsparungen erzielt werden.
Auch Freiwilligkeitsleistungen wie Beiträge zu den Volkshochschulen oder hohe Zuwendungen an die Jugendmusikschule müssen auf den Prüfstand. In Schorndorf wurden bereits entsprechende Kürzungsvorschläge gemacht.
Uns allen muss klar sein.
Nicht alles, was sinnvoll und wünschenswert ist, wird in Zukunft durch die Gemeinde finanzierbar sein.
Daneben müssen wir Gemeinderäte unsere Verwaltung aber auch fragen, weshalb die vielgepriesene neue 3-Ämter-Struktur bislang zu keinen Einsparungen geführt hat.
Weiter ist zu hinterfragen, ob in Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen eine große Zahl von Verwaltungsmitarbeitern präsent sein müssen.
Daneben fällt uns auf, dass in jüngerer Zeit viele Planungsleistungen auch für kleinere Projekte, die früher im eigenen Hause erledigt wurden, heute fremdvergeben werden.
Einsparungen werden in vielen Firmen und Kommunen auch durch Vorgabe von globalen Minderausgaben umgesetzt. Ist dies auch bei uns möglich ?
Jeder Amtsleiter sollte sich in seinem Bereich über Einsparmöglichkeiten Gedanken machen.
Neben Sparen ist aber auch eine Steigerung von Einnahmen in Betracht zu ziehen.
Wir von der BWV haben bereits im vergangenen Jahr eine Erhöhung der Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte angeregt. Unsere Gemeinde hat hier im Vergleich zu anderen Kommunen mit 15 % die niedrigsten Steuersätze. Mehreinnahmen von rd. 15.000,-- € könnten durch eine maßvolle Erhöhung erzielt werden.
Weiter muss auch Eltern klargemacht werden, dass eine Grundschulbetreuung und Kleinkindbetreuung, die unsere Gemeinde viel Geld kostet, nicht zum Null-Tarif erwartet werden kann. Zu prüfen ist hier eine sozial abgestimmte einkommensabhängige Kostenbeteiligung der Eltern.
Auch die Verwaltungs- und Nutzungsgebührensatzungen unserer Gemeinde müssen überarbeitet werden. Zukünftig ist auch in diesen Bereichen mit Erhöhungen zu rechnen.
Unsere Gemeinde muss jederzeit in der Lage sein, die ihr vom Gesetzgeber übertragenen Pflichtaufgaben zu erfüllen. Dies führt zwangsläufig zu Beschränkungen in Bereichen von bislang freiwillig gewährten Leistungen.
Hier ist das Anspruchsdenken mancher Mitbürger und Vereine in den zurückliegenden „fetten Jahren“ stark gewachsen. Zukünftig müssen wir hier in vielen Bereichen „kleinere Brötchen“ backen. Bei den anstehenden Entscheidungen bauen wir auf bürgerschaftliche Solidarität aller Seiten.
Neben den oben genannten Großprojekten in 2015 sind für uns von der BWV wichtige Programmpunkte:
Zum einen die Entwicklung eines ausgewogenen Nutzungskonzeptes für das Bürgerhaus in Grunbach. Die interessierten Vereine sind hier rechtzeitig einzubeziehen und ihnen ist auch die Notwendigkeit einer Beteiligung an den Unterhaltungskosten klar zu machen.
Weiter legen wir Wert auf eine bürgerfreundliche und bürgernahe Verwaltung. Kein ratsuchender Bürger darf sich beim Gang aufs Rathaus als bloßer Bittsteller fühlen.
Viele Gemeinden haben bereits ein Leitbild für die Arbeit ihrer Verwaltung entwickelt. Auch wir sollten uns darüber einmal Gedanken machen. Es könnte den bürgerschaftlichen Konsens nach innen und außen stärken und pflegen.
Der Lärmschutz auf der B 29 ist uns weiterhin ein wichtiges Anliegen. Nachdem Weinstadt vor kurzem auf unsere Linie umgeschwenkt ist, müssen wir beim Regierungspräsidium als Straßenbaulastträger weiter am Ball bleiben.
Zu prüfen ist außerdem eine Tempo 30-Beschränkung zumindest in Teilen unserer alten Ortsdurchgangsstraßen. Winterbach hat ein Solche erfolgreich durchgesetzt. Sicherlich ist eine Temporeduzierung mit Vor- und Nachteilen verbunden. Wir haben deshalb eine Bürgerbefragung angeregt und hoffen in diesem Zusammenhang auf rege Beteiligung und auch auf eine Intensivierung unseres installierten Ratsinformationssystems. Bürgerbefragungen sind für uns als gewählte Mandatsträger zwar nicht bindend, können aber wertvolle Entscheidungshilfen sein.
Uns ist besonders wichtig, dass durch unsere zahlreich vorhandenen Einrichtungen wir weiterhin als eine kinder- und familienfreundliche Gemeinde gelten, aber auch attraktiv sind für ältere Mitbürger, die durch ihre Arbeitsleistungen maßgeblich zu unserem Wohlstand beigetragen haben.
Alles bisher Erreichte wäre ohne das starke ehrenamtliche Engagement unserer Bürger nicht möglich. Unsere zahlreichen Vereine und Fördervereine haben neben den Kirchengemeinden hier einen ganz wesentlichen Anteil. Dafür sind wir ihnen zu großem Dank verpflichtet.
Abschließend bedanken wir uns auch wieder bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gemeindeverwaltung für die im vergangenen Jahr geleistete gute Arbeit. Unser neuer Kämmerer Herr Mayer hat mit seinem über 700-seitigen Erstlingswerk eine Fleißarbeit abgeliefert.
Bei unseren Gemeinderatskolleginnen und Kollegen bedanken wir uns für die gute Zusammenarbeit und wünschen uns eine solche auch fürs laufende neue Jahr.
Unser Bürgermeister Breiter ist nun seit knapp zwei Jahren im Amt und hat sich gut eingearbeitet. Dafür danken wir ihm und natürlich auch seinem Stellvertreter Herrn Technischen Beigeordneten Schienmann und wünschen ihnen auch für das laufende Jahr die nötige Kraft und Freude für ihre Aufgaben.
Dem vorgelegten Haushaltsplan 2015 und den Wirtschaftsplänen unserer Gemeindewerke stimmen wir zu.
Remshalden, den 26.01.2015
BWV-Fraktion
Roland Schanbacher
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