Bürgerliche Wählervereinigung

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Molt,

sehr geehrte Damen und Herren,

im Jahr 1 nach dem Kraftakt, nämlich der überaus erfolgreichen interkommunalen Remstalgartenschau, würde Verwaltung und Gemeinderat, ja ganz Remshalden eine Ruhepause ganz guttun.

Doch wir alle wissen, dass nach Abschluss dieser Herkulesaufgabe bereits die nächsten großen Aufgaben und Projekte anstehen, die neben der laufenden Verwaltungstätigkeit zu stemmen sind. Der Haushaltsplan spiegelt diese Situation durch eine hohe Belastung - und in den Folgejahren steigende Schulden - wider.

Die anstehenden Kindergarten-Neubauten – je einer in Geradstetten und Grunbach stellen die größten Investitionen in den Folgejahren dar. Auf Grund der hohen geplanten Investitionen von über 12 Mio.€ allein für die Neubauten schlagen wir vor hier den in den letzten Jahren nicht einberufenen Planungsausschuss wieder verstärkt einzubinden und auch einen Projektsteuerer einzusetzen. Ein solcher hat sich bereits in der Realisierung der Realschule als geeignetes Instrument zur kostenoptimalen Projektierung bewährt, da Kostenpotentiale ausgewiesen, relevante Kostenbausteine im Gremium zur Diskussion gebracht, und die aktuelle Kostensituation als Entscheidungsgrundlage jederzeit transparent gemacht wurde.

Laufende Folgekosten wie Personalkosten für Erzieher(-innen), Reinigung und Gebäudeunterhaltung sind dabei im Haushaltsplan noch nicht abgebildet, werden aber zusätzlich und andauernd gestemmt werden müssen. Die Gebühren reichen bei Weitem nicht aus um diese Aufwände zu decken.

Kindergärten sind bei selbstverständlich nicht rein wirtschaftlich zu betrachten, aber beim Blick auf den seit Jahren dramatisch niedrigen Kostendeckungsgrad von 8 bis 18% und rasant steigende Gesamtausgaben müssen wir uns als Kommune überlegen, wie das in Zukunft zu stemmen ist. Der bereits in vergangenen Jahren diskutierte Ansatz der einkommensabhängigen Gebühren stellt dabei aus Sicht der BWV einen guten Kompromiss zwischen sozialer Verantwortlichkeit und wirtschaftlicher Vernunft dar und ist daher mit den aktuellen Rahmenbedingungen erneut zu bewerten. Andere Kommunen haben das bereits umgesetzt. Es besteht ja die gesetzliche Verpflichtung für Gemeinden, eigene Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen, bevor neue Schulden gemacht werden. Daher müssen auch viele andere, jahrelang unveränderte Benutzungsgebühren auf den Prüfstand.

Die Einrichtung eines Waldkindergartens oder eines naturnahen Kindergartens in bestehenden Gebäuden ist aus Sicht der BWV eine überlegenswerte Alternative, da dadurch das pädagogische Portfolio entsprechend dem Bedarf ergänzt würde und eine wirtschaftliche, kurzfristige Umsetzung möglich scheint

Ein entsprechender Antrag wurde ja bereits durch uns gestellt und eine Prüfung angestoßen.

Das Areal der ehemaligen Ernst-Heinkel-Realschule muss nun weiter zügig, aber vernünftig überplant und vermarktet werden, damit dringend benötigte Mittel in den Haushalt zurückfließen. Es bedarf dazu größerer Anstrengungen, damit dies auch in 2021, wie geplant, realisiert werden kann.

Leider ist es uns weiterhin nicht gelungen die Steuerkraft unserer Gemeinde nachhaltig zu stärken. Sie ist aktuell 97€ niedriger als im Kreisdurchschnitt. Remshalden ist diesbezüglich vom 13. Platz in 2018 über den 15. Platz 2019 auf den 17.Platz in 2020 abgerutscht. Geringer Steuerkraft steht eine starke Kaufkraft mit fast 8.000€ pro Kopf gegenüber, ein Spitzenwert in Kreis und Region! Remshalden ist aber in der Region auf dem vorletzten Platz, was den Einzelhandelsumsatz anbelangt. Von den fast 8.000€ werden nur ca. 2.650€ in Remshalden ausgegeben, weit mehr als die Hälfte wird auswärts umgesetzt. Das muss sich ändern!

In der neuen Mitte ist ebenfalls dringend benötigtes Kapital gebunden. Eine zügige Entwicklung war bislang auf Grund der Überschwemmungsgefahr bei einem hundertjährigen Hochwasser nicht möglich. Hier ist mit dem Wasserverband aktiv nach einer Lösung zu suchen, wie das Gebiet zeitnah entwickelt werden kann. Ein weiteres Zuwarten können wir uns nicht leisten! Das Gebiet bietet große Chancen den immer noch erheblichen Kaufkraftabfluss in umliegende Kommunen zu reduzieren. Um die Konkurrenz zu Geschäften den Ortsmitten möglichst zu vermeiden sind geeignete Planungen zu ergreifen und sinnvolle Ergänzungen des Einzelhandelsangebots, sowie Dienstleistungen in einer geeigneten Mischung mit Wohnbebauung anzustreben.

Weitere Belastungen für den Haushalt sind aus dem nun begonnen Sportentwicklungsplan zu erwarten, in dem nicht nur die Sporthallen im Fokus stehen. Wie bei vielen Wünschen und Visionen wird auch hier das Notwendige und Machbare vom Wünschenswerten zu trennen sein, nachdem die Analyse durchgeführt und Empfehlungen für eine Weiterentwicklung von Sportstätten erarbeitet wurden.

Sparen allein ist sicher keine Lösung, aber ohne Sparen ist sicher alles nichts.

Daher schlagen wir vor die Haushaltsstrukturkommission wieder zu beleben und zu nutzen. Weniger als Sparkommission, sondern als Gremium um die Struktur des Haushaltsplanes zu diskutieren und um haushaltsrelevante Kostenbausteine zur Diskussion zu stellen. Die immer gut begründeten, aber inzwischen auf über 30% des Haushaltsvolumens und über 10 Mio.€ betragenden Personalkosten bereiten uns dabei zunehmend Kopfzerbrechen. Auch hier ist eine Vorwärtsstrategie zu erarbeiten, damit auf kontinuierlich steigende Anforderungen nicht stets mit zunehmendem Personalaufwand reagiert werden muss.

Toll, dass sich die Verwaltung, wie in den Vorjahren angeregt, auf den Weg gemacht hat und einen Prozess zur Erstellung eines kommunalen Leitbildes in Gang gebracht hat. Denn: „Wer das Ziel nicht kennt, kann nur schwerlich wissen, ob er sich auf rechtem Wege befindet…“

In einem solchen Leitbild wird Nachhaltigkeit sicherlich einen relevanten Anteil haben. Nur leider gehen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit selten Hand in Hand. Daher ist im Gremium in Bezug auf Ausschreibungen, Bautätigkeit oder Energiewirtschaft zu diskutieren, welche Stellhebel und finanziellen Mittel zur Verfügung stehen um ressourcenschonender zu wirtschaften.

Diese Debatte um Nachhaltigkeit darf aber nicht populistisch geführt werden und darf erst recht nicht die Generationen spalten! Auch, wenn in der aktuellen Berichterstattung um „fridays for future“ leicht der Eindruck entsteht: Nicht alle älteren Mitbürger sind Ausbeuter unseres Planeten und nicht alle Jungen befinden sich automatisch im moralischen Recht! Nachhaltigkeit ist wie viele Themen vielschichtig und nicht schwarz-weiß. Hier gibt’s keine einfachen, bequemen Antworten. Deshalb die Diskussion zu scheuen und das Thema nicht aktiv anzugehen, wäre aber sicherlich erst recht falsch. Die Kommune muss bei Nachhaltigkeit, Energieverbrauch und Ressourcenschonung eine Vorreiterrolle einnehmen und Vorbild für ihre Bürger sein!

Unser Remstalwerk als Stromnetzbetreiber, Lieferant für Strom und Gas, sowie Partner für die Straßenbeleuchtung entwickelt sich hervorragend. Nachdem das „Baby“ nun die kritischste Phase überstanden hat gilt es die nächsten Entwicklungsschritte zu planen. Das Wasserkraftwerk Geradstetten liefert regional und ökologisch erzeugten Strom für ca. 200 Haushalte und ist ausgebucht. Hier sind weitere, neue Angebote regional und ökologisch erzeugter Energie zu erarbeiten.

Auf das Ergebnis der Straßenbeleuchtungsbefahrung warten wir nun gespannt seit Jahren, dieses Jahr soll es uns nun vorgestellt werden. Ggf. sind auch daraus Investitionen (z.B. für zusätzliche Leuchtpunkte) nötig. Bestenfalls lassen sich diese aber mit der Umrüstung auf energiesparendere Beleuchtungsanlagen kompensieren.

Eine weitere infrastrukturelle sinnvolle Maßnahme ist die Sanierung der maroden und inzwischen deshalb gesperrten Hebsacker Brücke als befahrbare Brücke. Die 50%-ige Kostenteilung mit Winterbach nach Abzug von Zuschüssen halten wir für eine faire und nachbarschaftlich gute Lösung.

Hier zeigt sich im Kleinen, dass gemeinsam, in interkommunaler Zusammenarbeit, mehr erreicht werden kann als allein. Weitere Möglichkeiten ortsübergreifender Zusammenarbeit sind zu prüfen und wo sinnvoll umzusetzen. Wir denken hier zum Beispiel an Spezialgeräten für den Bauhof, Software für die Verwaltung, Schulungen für Personal und vieles weitere mehr.

Mittelfristig sind auch die Planungen für die Riedwiesen in Grunbach weiter voranzutreiben. Das Gebiet sollte unserer Ansicht nach als Mischgebiet einen geeigneten Übergang zwischen dem Gewerbegebiet Breitwiesen und der Wohnbebauung nördlich der Riedstraße bilden und dem großen Bedarf für Kleinbetriebe, Mittelständler und Startups Rechnung tragen.

Der Bürgerpark hat sich als gesellschaftlicher Treffpunkt bestens etabliert, ist langfristig und in geeignetem Umfang zu erhalten. Wir wünschen uns, dass die Bewirtungshütte unseren Vereinen weiterhin für Veranstaltungen und Feste zur Verfügung steht. Dazu ist eine für beide Seiten tragbare Lösung mit der Weingärtnergenossenschaft zu erarbeiten.

Unsere Eigenbetriebe „Gemeindewerke“ und „Abwasserbeseitigung“ haben, wie auch der Kernhaushalt, erhebliche Schuldenberge (Kernhaushalt: 7,5 Mio.€, Gemeindewerke: 6,4 Mio.€, Abwasserbeseitigung: 8,2 Mio.€) angehäuft, sodass sich ein Gesamtschuldenstand 2020 von über 22 Mio.€ ergibt, der 2023 auf über 35 Mio.€ anwachsen wird. Das bedeutet ein Anwachsen der Gesamtverschuldung von ~1.500€/EW auf ~2.500€/EW in den nächsten Jahren. Der Vergleich der Verschuldung der beiden Eigenbetriebe mit der gleichen Zahl des Landesdurchschnitts (564€) muss dabei aufhören. Wir müssen endlich die Addition der Schulden aus Gemeindewerke und Abwasserbeseitigung dem Landesdurchschnitt für Eigenbetriebe gegenüberstellen. Damit wird ersichtlich, dass unser Schuldenstand in den Eigenbetrieben nicht im Landesdurchschnitt liegt, sondern doppelt so hoch ist. Dabei müssen wir immer im Auge behalten, dass wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Die Digitalisierung muss auch in unserer Gemeinde in die Tat umgesetzt werden und darf nicht zur Worthülse verkommen! Wir müssen den Ausbau und den Anschluss an schnelle Datennetze vorantreiben. Der Beitritt zum Zweckverband und die Kooperationsvereinbarung mit der Telekom müssen nun Früchte tragen. Ziele waren keinen weißen Flecken mehr unter 30Mbit/s bis 2020 und 50% Privathaushalte mit Glasfaser bis 2025. Wir erwarten dazu in Kürze einen Statusbericht mit einem Ausbauplan für Remshalden (wie bei der Beratung dieses Punktes zugesagt).

Digitalisierung erfordert aber nicht nur die notwendige Infrastruktur, die unseren Unternehmen wettbewerbsfähiges arbeiten und unseren Mitbürgern arbeiten im Homeoffice ermöglicht, sondern bietet auch Chancen und Nutzen für die Verwaltung.

Digitale Kartierungen, Grundstücksregister, digitaler Bürgerservice, transparente und für jeden ersichtliche Hallenbelegungspläne und vieles mehr. Hierzu muss sich interkommunal ausgetauscht werden, sinnvolle Lösungen sind zeitnah umzusetzen!

Alles bisher Erreichte und auch das zukünftig zu Leistende wäre ohne das vorbildliche ehrenamtliche Engagement unserer Bürger nicht möglich. In zahlreichen Vereinen, Hilfs - u. Fördervereinen, dem Arbeitskreis Asyl, dem Seniorenrat oder den Kirchengemeinden haben sie maßgebend zu einem aktiven Gemeindeleben beigetragen. Dafür danken wir Ihnen allen ganz herzlich!

Diese Vereine und Organisationen machen Werte erlebbar und halten so unsere Gesellschaft zusammen. Als Kommune sind wir daher gut beraten diese nicht als Kostenfaktor zu sehen, sondern mit geeigneter Infrastruktur und entsprechenden Mitteln zu unterstützen. Das haben wir bisher auch so getan.

Abschließend bedanken wir uns bei unserem BM Herrn Molt und unserer Kämmerin Frau Scheidel für ihren unermüdlichen Einsatz und die jederzeit vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Zudem bedanken wir uns heute nochmals ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung und des Bauhofes für ihren Einsatz im letzten Jahr und wünschen allen weiterhin Gesundheit und Freude an der Arbeit.

Bei unseren Gemeinderatskolleginnen und Kollegen bedanken wir uns für die konstruktive und sachliche Zusammenarbeit und wünschen uns eine solche auch für das laufende Jahr.

Dem Haushaltsplan 2020 und den Wirtschaftsplänen unserer Gemeindewerke stimmen wir zu.

Für die Fraktion der BWV

Tobias Schädel

 


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